Alexander Mayer

Bachmuschel hat neue Heimat gefunden

Alexander Mayer

Friedrichshafen sz Die Verlegung des Mühlbachs bei Schnetzenhause und die Umsiedlung der streng geschützten Bachmuscheln (Unio crassus) sind ein wichtiger Meilenstein für den Bau der B 31-neu zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Die vorzeitige Verlegung des Mühlbachs war erforderlich, weil der Bach auf einer Länge von rund 500 Meter sonst mit der neuen Straßentrasse kollidiert wäre. Am Dienstag hat das Regierungspräsidium Tübingen offiziell zum Pressetermin „Abschluss der Muschelaktion“ geladen.

Die Bauarbeiten zur Bachverlegung und die Vorbereitungen zur Umsiedlung der Bachmuscheln laufen seit August 2013. Die Modellierung des neuen Bachabschnitts ist weitgehend abgeschlossen. In den kommenden Wochen wird der neue Bachabschnitt an den Mühlbach angeschlossen und das alte Bachbett verfüllt. Die spektakuläre Umsiedlung der Bachmuschel am Mühlbach hat in der Nachbarschaft schon ein Vorläufer-Projekt. Innerhalb des Nordbogens der B 30 bei Ravensburg wurden 1999 der Bampfen umgelegt und dortige Bachmuscheln umgesiedelt. Allerdings in weit geringerem Umfang wie jetzt bei Schnetzenhausen.

Nach Worten von Gewässerökologe Jürgen Trautner wusste man damals schon um die Wichtigkeit bedrohten Tierart, aber erst mit der Novellierung des Naturschutzgesetzes 2000 habe die Muschel ihre naturschutzrechtliche Bedeutung bekommen. Was am Mühlbach mit der Umsiedlung passiert sei, schreibe einerseits das Gesetz vor, andererseits sei es dem finanziellen Umfang der über 100 Millionen teuren Straßenbaumaßnahme angemessen, betonte der leitende Landschaftsökologe der Muschelumsiedlung.

Laut Trautner ist die Bachmuschel inzwischen „sehr selten“ geworden. Noch vor 20 – 30 Jahren sei sie hier praktisch in allen Dorfbächen heimisch gewesen. So zahlreich, „dass die Tiere mit großen Rechen abgefischt, geschreddert und den Schweinen verfüttert wurden.“ Vorbei. In vielen Bächen sind die Muscheln ausgestorben. Die Population im Mühlbach bezeichnet Trautner als „gut“. Vor allem deswegen, weil sich auch noch viele Jungtiere finden. Zeichen dafür, dass die Vermehrung funktioniert.

Jürgen Trautner geht davon aus, dass im Mühlbach insgesamt rund 10 000 Unio crassus leben. Betroffen von der Umsetzung sind an die 2000 Tiere. Die Gewässerökologen sind überzeugt, dass die streng geschützte Muschel auch wieder in den neuen Mühlbach einzieht. „In umfangreicherem Maße wird dies schon in drei Jahren so sein.“

In Sachen Umsiedlungskosten weist das Regierungspräsidium übrigens die bislang im Raum stehenden 500 000 Euro entschieden zurück. Trautner spricht von „einem Zehntel dieser Summe“. Innerhalb der 1,5 Millionen teuren Gesamtmaßnahme Bachverlegung und Umsiedelung sei wohl auch ein großer Posten für Sprengmittelbeseitigung ausgegeben worden. So seien allein im Bereich der 500 Meter langen Bachverlegung sechs Brandbomben gefunden worden.