Schuler freut sich auf Baubeginn im Ravensburger Süden – Lucha kritisiert „Wahlgeschenke“ – OB Rapp: „Gutes Signal aus Berlin“

Von Sibylle Emmrichund Gunnar M. Flotow

„Im ersten Halbjahr 2013 gibt es den ersten Spatenstich an der B 30 Süd“: Da ist sich August Schuler, der Ravensburger CDU-Fraktionschef, ganz sicher. In einem Telefonat vom CDU-Parteitag in Hannover erklärte er gestern, wie die zusätzlichen 750 Millionen Euro, die die Koalition dem Bundesverkehrsministerium bewilligt, direkt zum Weiterbau der Ravensburger Umgehung führen könnten. 80 Millionen, so Schuler, gebe es zusätzlich für den Straßenbau im Südwesten.

Voraussetzung ist allerdings, so der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Schockenhoff, dass das Finanzministerium und der Haushaltsausschuss in Berlin bis zum 12. Dezember die zusätzlichen Millionen freigeben.

Nach den Ankündigungen verschiedener CDU-Abgeordneter darf das Geld nur für neue Straßen und nicht für Sanierungen ausgegeben werden. Und da die B 30 Süd auf 55 Millionen Euro und eine fünfjährige Bauzeit veranschlagt sei, lasse sich damit eine erste Rate 2013 finanzieren. Schockenhoff zeigt sich sicher, dass noch vor der Bundestagswahl im nächsten September die Bagger für die B 30 Süd anrücken können. Und in der von ihm verschickten Pressemitteilung wird der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Dr. Andreas Scheuer (CSU), folgendermaßen zitiert: „Das beharrliche und konstruktive Eintreten von Dr. Andreas Schockenhoff hat dafür gesorgt, dass dem Bund die erhebliche verkehrliche und wirtschaftliche Bedeutung des Vorhabens B 30, Ravensburg Süd stets präsent war.“

Der Ravensburger Grünen-Landtagsabgeordnete Manfred Lucha freut sich zwar einerseits, sollte es 2013 wirklich an der B 30 Süd mit dem Bau losgehen. Andererseits spricht er von „Wahlgeschenken“ und „Chaos pur“. Die Versprechungen seien viel zu hoch. Zudem bewillige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer jetzt nachträglich weitaus weniger wie die im September angedrohten Millionenkürzungen für die Verkehrsinfrastruktur im Ländle, die sich für die nächsten vier Jahre auf fast 300 Millionen Euro summieren.

„Wir halten an unserem Weg fest, die Gelder in einem nachvollziehbaren Verfahren nach objektiven Kriterien möglichst effektiv einzusetzen. Es kann nicht sein, dass jetzt willkürlich einzelne Maßnahmen herausgegriffen und anderen Bauprojekten vorgezogen werden“, heißt es in einer Stellungnahme der Grünen-Landtagsfraktion mit Hinweis darauf, dass einzelne CDU-Bundestagsabgeordnete jetzt den Durchbruch für Straßenbauprojekte in ihrem Wahlkreis ankündigen. Auch das Landesverkehrsministerium verweist auf die chronische Unterfinanzierung im Straßenbauetat. Man nehme das zusätzliche Geld aus dem Bundesverkehrsetat gerne an. Allerdings habe die Fertigstellung laufender Maßnahmen mit einem Kostenvolumen von rund 700 Millionen Euro Vorrang. Weiter heißt es: „Sollte der Bund dennoch die Zusatzmittel nur gezielt für einzelne Neubauprojekte bereitstellen, würde das Land sie trotzdem entgegennehmen. Allerdings könnte dies dazu führen, dass laufende Baumaßnahmen verzögert oder sogar unterbrochen werden müssen. Auf diese Weise würden zwar möglicherweise gezielt Wahlkreisinteressen einzelner Abgeordneter bedient. Mit dem Grundsatz eines effektiven Einsatzes knapper Haushaltsmittel und fachgerechtem Straßenbau hätte das allerdings nichts mehr zu tun.“

Positiv reagiert im Ravensburger Rathaus auf Schockenhoffs freudige Botschaft. Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp: "Das ist ein gutes Signal aus Berlin. Wir würden uns freuen, wenn das so kommt. Sollte der Haushaltsausschuss des Bundestages die für den Baubeginn notwendigen Mittel tatsächlich freigeben, stünde in der Tat dem Bau der B 30 schon 2013 nichts mehr entgegen". Die Entscheidung des Bundes decke sich im Übrigen, so Rapp, mit der Priorisierung durch das Land, nach der die seit 2006 planfestgestellte B 30 Süd zur Gruppe der ersten Prioritätsstufe gehört.

B 30 überholt B 31

In Friedrichshafen fragt man sich derweil: Wie kann es sein, dass die B 30 vor der B 31 finanziert wird? In der Priorisierung, die das Land im Auftrag des Bundes vorgenommen hat, wird die B 31 schließlich als dringlichstes Straßenbauprojekt in Baden-Württemberg eingeordnet. Lothar Riebsamen, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Bodenseekreis, erklärt, dass sich das Bundesverkehrsministerium bei seiner Entscheidung auf den regionalen Konsens berufen hat. „Wenn man nur eine Straße beginnen kann, beginnt man die, bei der man sich in der Region einig ist, dass sie zuerst kommen soll – und das ist die B 30. So wurde es gegenüber dem Bundesverkehrsministerium über viele Jahre kommuniziert“, betont Riebsamen. Ein weiteres Argument, das den Ausschlag für die B 30 gegeben habe, sei deren „Planfeststellung, die sehr viel älter ist“.

(Erschienen: 04.12.2012 16:25)