Region will keinen Stillstand im Straßenbau

Bürgermeister, Landrat und IHK verfassen Erklärung – Riebsamen spricht von „grünem Flickwerk“

Von Gunnar M. Flotow und Anton Fuchsloch

Friedrichshafen Realismus hat er gefordert, einen Sturm der Entrüstung hat er ausgelöst. Nach den Verlautbarungen des Landtagsabgeordneten Martin Hahn zum Straßenbau in der Bodenseeregion trafen sich am Freitag neun Bürgermeister, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer sowie der Landrat des Bodenseekreises, um über die jüngste Entwicklung zu diskutieren.

Ergebnis: Eine gemeinsame Erklärung, in der sie bekräftigen, dass am Planungsfall 7.5 – also dem Ausbau von B 30, B 31 sowie der nachgeordneten Landes- und Kreisstraßen - festgehalten werde. „Wir erwarten von unseren Abgeordneten, diesen Konsens zu vertreten“, stellen die Unterzeichner klar.

„Mit dem Verzicht auf die Weiterentwicklung von Landes- und Kreisstraßen können keine Bundesstraßen finanziert werden.“ Die von der Landesregierung vorgeschlagene Tunnellösung für Hagnau und ein Ausbau bei Immenstaad würden den Status Quo zementieren und den vorhandenen regionalen Konsens aufkündigen.

Eines stellen die Straßenkämpfer vom Bodensee auch klar: „Die B 31 Umfahrung Friedrichshafen muss vierspurig werden.“ Nach den Erfahrungen, die man mit der B 31 zwischen Friedrichshafen und Lindau gemacht habe, wisse man, dass die zwei Spuren nicht ausreichen. Es sei daher „völlig unverständlich, dass trotz des dort gemachten Fehlers heute nun ein zweispuriger Ausbau wieder ins Spiel gebracht wird“.

Schlechte Chancen auf eine Realisierung sollen laut Martin Hahn die Ortsumfahrungen von Bermatingen und Salem-Neufrach haben. Die Unterzeichner erinnern daran, dass das Land zugesagt habe, diese Umfahrungen zu bauen. „Die Einwohner von Bermatingen und Markdorf haben in Bürgerentscheiden zugestimmt. Wer Basisdemokratie ernst nimmt, muss sich deshalb für diese Umfahrungen einsetzen.“ Das „Fazit“ der Erklärung fällt vernichtend aus: „Die Verkehrspolitik des Landes geht an den Bedürfnissen der Menschen in der Region vorbei.“ Eine Belehrung hinsichtlich Stilfragen konnte man sich zudem nicht verkneifen: „Wir fordern, dass man mit uns redet und nicht in der Presse Politik verkündet.“

„Ein grünes Flickwerk wird es nicht geben“, stellt Lothar Riebsamen klar. Den Vorschlag Hahns, die B 31 neu nur zweispurig auszubauen bezeichnet der CDU-Bundestagsabgeordnete als „völligen Unsinn“. Er appelliert an die Einigkeit in der Region und fordert die SPD auf, „sich nicht in dieser Weise von den Grünen vorführen zu lassen“. Zumindest die Kreis-SPD hat mit einer Erklärung reagiert. Darin bekennt sie sich zum „Trassenverlauf der Planungsvariante 7.5“. SPD-Medienreferent Dietram Hofmann weist aber auch auf den „Paradigmenwechsel“ hin, den Regierungswechsel in Demokratien mit sich brächten.

Für die CDU-Fraktion im Landtag ist der Vorstoß von Grün-Rot ein „Schlag ins Gesicht der Region“. Diese Verkehrspolitik gehe an den Bedürfnissen der Menschen vorbei, heißt lassen Fraktionschef Peter Hauck und Bodenseekreis-Abgeordneter Ulrich Müller verlauten. „Wir können die Landräte und Bürgermeister vor Ort nur dazu ermutigen, sich gegen die Planungen von Grün-Rot zu positionieren.“ Die Landesregierung dürfe sich nicht hinter scheinheiligen Aussagen verstecken, es stünde kein Geld für Straßenneubaumaßnahmen zur Verfügung.

Der so Gescholtene verschickte am Freitag ebenfalls eine Pressemitteilung und versuchte, die Wogen zu glätten. Hahn appelliert, nicht auf „den Überbringer der Nachricht einzuschlagen“, sondern einen „ehrlichen Verkehrsdialog“ zu führen. Er verteidigt auch seine abgespeckte B 31-Variante: „Wie viele andere Fälle gezeigt haben, ist es möglich, eine vierspurig geplante Straße zweispurig zu bauen.“

Er ist überzeugt, dass dies ohne neues Planfeststellungsverfahren möglich sei – wie auf der B 31 an anderer Stelle bewiesen werde. Zwischen Geisingen und Freiburg seien bei Döggingen zwei Tunnelröhren fertig gestellt, die Brücke aber nur einbahnig. Auch dort gebe es Planungsrecht für vier Spuren, gebaut seien bisher nur zwei.

Es sei immer wieder so, dass Projekte vorgezogen und zunächst in kleinerer Dimension gebaut würden. „Wir müssen mit der zweispurigen B 31 auf die Überholspur“, fordert Hahn.

(Erschienen: 20.01.2012 22:00)