„Die B 31 zweispurig zu bauen ist völliger Unsinn“

Friedrichshafen / af/li Die verkehrspolitischen Perspektiven für den Straßenbau im Bodenseekreis, wie sie der grüne Landtagsabgeordnete Martin Hahn am Dienstag in Markdorf skizziert hat, stoßen auf weitgehend Unverständnis und Ablehnung. Oberbürgermeister Andreas Brand sprach von einem „herben und tiefen Rückschlag“ für die ganze Straßendebatte der Region.

Hahns Vorschlag, die B 31 neu in abgespeckter Form zu bauen, hält der OB für höchst zweifelhaft. Wie er dazu gekommen ist, sei ihm ein Rätsel. „Wir haben einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss, und jede Änderung daran würde ein neues Verfahren und damit eine neue Debatte in Gang setzen, die uns wieder um Jahre zurückwirft“, sage Brand. Das könne nicht im Interesse der Stadt sein. Ein Argument, den Bau der Umgehung zu beschleunigen, sei Hahns Vorschlag jedenfalls nicht. „Ich erwarte von ihm, dass er klar sagt, ob er zum regionalen Konsens steht oder nicht“, so der OB.

Nach dieser neuen Verunsicherung hält es Brand für höchste Zeit, dass sich auch der Koalitionspartner zu dem Thema äußert. Regional bestehe ja Konsens mit der SPD, dass B 30 und B 31 höchste Priorität haben. Auf Landesebene sei da wohl einiges durcheinander geraten. Der stellvertretende Ministerpräsident Nils Schmid (SPD) sollte sich in seiner Funktion als Finanz- und Wirtschaftsminister Gehör verschaffen.

Müller: Ideologisch motiviert

„Indiskutabel, absolut schädlich für die Region und rein ideologisch motiviert“, seien die Vorschläge seines Kollegen sagte Landtagsabgeordneter Ulrich Müller (CDU) und sprach von einem „unglaublichen Schwenk“ in der Verkehrspolitik des Landes, einer Ignoranz gegenüber dem Willen des Volkes und Ahnungslosigkeit. Ob diese Politik vom Koalitionspartner SPD so mitgetragen werde, bezweifelt Müller schwer.

„Wer von vorn herein sage, er wolle keine neuen Straßen bauen, sollte sich mit dem Argument, es ist ja kein Geld da, zurückhalten“, sagte der CDU-Abgeordnete. Es sei eine politische Entscheidung, jedes andere Argument sei nachgeschoben. Von Hahns Vorschlag, die B 31 Friedrichshafen-Immenstaad in abgespeckter Form nur zweispurig zu bauen hält der ehemalige Landesverkehrsminister nichts. „Das ist völliger Unsinn.“ Müller erinnerte daran, das die Planfeststellung für die Fortsetzung der B 31-Umfahrung nach Westen in der 80er Jahren unter anderem daran gescheitet sei, dass nur zweispurig geplant wurde. Er sieht in dem neuen Vorschlag eine „bemerkenswerte Parallelität zur grünen Basis“, die eine vierspurige Umfahrung nie wollte.

Was sie Grünen von direkter Demokratie halten, wenn’s drauf ankommt, könne man an der Absage für die weiteren Umfahrungen ablesen. Die Bürgerentscheide in Markdorf und Bermatingen spielten für sie keine Rolle. „Für wen bauen wir denn in Friedrichshafen, Überlingen, Markdorf, Bermatingen, Neufrach und Kehlen“, fragt Müller. „Doch in erster Linie für die Bürger.“ Für ihn sei es bitter, mitansehen zu müssen, wie seine Bemühungen zunichte gemacht würden.

Wölfle: Falscher Weg

Landrat Lothar Wölfle bezeichnet die Aussagen von Martin Hahn zur B 31 als „neue Form des Schwarzer-Peter-Spiels“. Von dem Kompromissvorschlag einer abgespeckten Zwischenlösung für Friedrichshafen mit nur zwei Spuren hält er überhaupt nichts. „Das ist nicht zielführend, weil wir die Straße in der geplanten Dimensionierung brauchen. Wenn es daran Zweifel gegeben hätte, hätte der Verwaltungsgerichtshof den Planfeststellungsbeschluss nicht bestätigt“, so Wölfle. Und: Nicht umsonst gebe es Überlegungen, die B 31 zwischen Lindau und Friedrichshafen dreispurig auszubauen. „Wir brauchen die geplante Größenordnung.“ Indem man ein Problem leugne, löse man es nicht. „Der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel hat mal gesagt: Politik fängt mit dem Betrachten der Wirklichkeit an“, so der Landrat. Die Forderung von Martin Hahn, sich im Bodenseekreis voll und ganz auf die B 31 zu konzentrieren, hält Lothar Wölfle ebenfalls für den falschen Weg, da der Planungsfall 7,5 als Ersatz für die seinerzeit abgelehnte Bodenseeautobahn eben nicht nur die Bundesstraße enthalte, sondern auch Landes- und Kreisstraßen.

Zeller: Nicht vertretbar

Nicht einverstanden mit den Ausführungen Hahns ist auch der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnet und Vorsitzende der Kreistagsfraktion, Norbert Zeller. „Die B 31 nur zweispurig zu bauen, wäre angesichts der Verkehrsmengen nicht vertretbar“, sagt Zeller. Ob eine abgespeckte Variante überhaupt machbar wäre, ohne dass ein neues Planfeststellungsverfahren notwendig würde, bezweifelt Zeller.

Für „unumgänglich“ hält er im Gegensatz zu Hahn die Umfahrungen Bermatingen und Markdorf. Bezüglich der ebenfalls umstrittenen Umfahrung Kluftern verweist er auf das Mediationsverfahren. Wer diesem zustimme, müsse am Ende auch das Ergebnis akzeptieren. Das Kernproblem des Straßenbaus sieht Zeller aber nicht im Koalitionspartner in Stuttgart –„solche Differenzen muss eine Koalition aushalten“ -, sondern in Berlin. „Von dort kommen bis dato nur heiße Luft und faule Ausreden“, schimpft Zeller. Selbst die Prüfung der privaten Vorfinanzierung kriege man dort nicht auf die Reihe.

(Erschienen: 18.01.2012 23:00)