Harte Debatten in der Markdorfer Stadthalle

Planer und Einwender positionieren ihre Argumente am ersten öffentlichen Tag der Südumfahrung-Erörterung.

Sitzungsmarathon in der Stadthalle: Am zweiten Tag der Erörterung der Einwendungen gegen die Südumfahrung tauschten gestern von 9 Uhr bis abends Vertreter des Regierungspräsidiums (RP), des Landratsamtes und des Ulmer Büros Modus Consult, das das Verkehrsgutachten erstellt hatte, sowie auf der Gegenseite Abgesandte von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen ihre Argumente aus – hart in der Sache und durchaus kurzweilig in den Stellungnahmen. Zweck des Anhörungsverfahrens sei den weiteren „entscheidungserheblichen Sachverhalt“ zu ermitteln, so Petra Stark, Leiterin des Referats für Recht und Planung am RP, die auch die Sitzungsleitung hat. Tobias Gähr, Leiter des Straßenbauamtes am Landratsamt, informierte über die Südumfahrung, die als K 7743 neu eine Kreisbaumaßnahme ist. Der Landkreis ist daher Antragsteller für das Vorhaben. Zwar sei die Südumfahrung als Ergänzung im Planfall 7.5 konzipiert, sie würde aber auch als Einzelmaßnahme eine deutliche Entlastung der Ortsdurchfahrt Markdorf bewirken, so Gähr.

Helmut Siebrand von Modus Consult unterstrich diese Einschätzung mit Zahlen aus dem Gutachten, das Prognosen einer Verkehrsbelastung im Jahr 2025 für mehrere Varianten erstellt. Würde der heutige Ist-Stand verbleiben, rechnet das Büro mit 26 000 Fahrzeugen täglich auf der Ortsdurchfahrt. Würde nur die Südumfahrung realisiert, ohne die anderen geplanten Straßenprojekte im 7.5-Gesamtkonzept, seien es nur noch 13 200 durch Markdorf, 11 900 auf der Südumfahrung, aber plus 1600 gegenüber heute auf der B 33 Richtung Ittendorf und plus 600 auf der L 207 Richtung Lipbach.

Vor allem eine Variante fachte dann die Diskussion an: Ein Planungsfall 1.2 LV, der von einer fertigen Südumfahrung inklusive B 31-neu Riedleparktunnel bis Immenstaad, B 30-neu RV/FN, OU Bermatingen, aber ohne bahnparallele OU Kluftern ausgeht. Diese Variante würde dann über die „Müllstraße“ K 7742 bei Riedheim in eine B 31 neu münden. Gegen diese, auch von den Planern als ungünstig angesehene Variante verwahrte sich Fritz Käser für die Ittendorfer Initiative. Sie wäre der „worst case“ für den südlichen Teilort, vor allem wenn, was wegen der fehlenden Mittel des Bundes zu erwarten sei, die B 31-neu und die B 30-neu auf Eis bleiben würden.

Frieder Staerke (BUND Markdorf) stimmte Käser zu. Dann sei wegen fehlender attraktiver Anbindung keine Entlastung über B 30/B 31 zu erwarten, sondern stattdessen deutlich mehr Verkehr im gesamten Hinterland. Staerke beantragte, dass Modus Consult daher auch eine Variante ohne die B 30- und B 31-Neubauten untersuchen müsse. Auch der Pro Kluftern vertretende Anwalt Tobias Lieber wertete dies als denkbares Szenario und forderte die Prognose für den Fall, „wenn die Entlastungen durch B 30 neu und Riedleparktunnel nicht eintreten“.

Petra Stark signalisierte Verständnis und hakte bei Siebrand nach. Die Konsequenz: Modus Consult wird nun diese Variante noch berechnen. Allerdings ohne die OU Kluftern, die Staerke in dieser Berechnung miteinbezogen haben wollte, da erst mit ihr der so genannte „worst case“, also das höchste Verkehrsaufkommen, erreicht werde.

Exemplarisch wurde aber daran deutlich, wie weit auseinander die Planer und die Einwender liegen: Während auf Antragsteller-Seite gestern stets das Gesamtkonzept aller 7.5-Straßenneubauten im Auge behalten wurde, wird gerade dies von den Kritikern gerügt. Franz Beer (BUND-Kreisverband): „Der Solo-Zustand der Südumfahrung wird ein Zustand sein, der Bestand hat für zehn plus x Jahre. “ Im Kern ging es darum auch beim nachmittäglichen Thema „Planrechtfertigung“. Während der Stuttgarter Antragsteller-Anwalt Professor Klaus-Peter Dolde eine Südumfahrung als vernünftig bezeichnete, weil sie selbst „solo“ eine Entlastung von rund 50 Prozent für die B 33-Durchfahrt Markdorf bringe, wies Staerke darauf hin, dass laut Gutachten nur an zwei bis vier von 21 Punkten eine Entlastung von mehr als 50 Prozent erreicht werde. Lieber wiederum argumentierte, dass die Südumfahrung faktisch eine Bundesstraße sei, da sie die B 33 entlaste und den B 33-Verkehr verlagere: „Mit dem K vor der Nummer macht man sich was vor.“ Dies wiederum verneinte Dolde: Eine Kreisstraße sei eine Straße, die die Verkehre von Orten eines Kreises und benachbarter Kreise aufnehme.