Gemeinderäte lehnen Antrag der Umweltgruppe ab
Fraktionen stellen sich hinter Vereinbarung zwischen Gerber und Wölfle zur Südumfahrung
Die Vereinbarung zwischen dem ehemaligen Markdorfer Bürgermeister Bernd Gerber und Landrat Lothar Wölfle sehen die Mitglieder der Umweltgruppe kritisch.
Markdorf sz Der Gemeinderat Markdorf stellt die Vereinbarung zur Südumfahrung zwischen dem ehemaligen Bürgermeister Bernd Gerber und Landrat Lothar Wölfle nicht infrage. In der Sitzung vom Dienstag lehnte er einen entsprechenden Antrag der Fraktion der Umweltgruppe zur juristischen Überprüfung des Vertrags ohne große Diskussion ab.
Die Umweltgruppe Markdorf hatte in der vorangegangenen Sitzung im März gefordert, die Rechtswirksamkeit und die Rechtsmäßigkeit der Vereinbarung zwischen Gerber und Wölfle aus dem Jahr 2013 zu überprüfen. Berücksichtigt werden sollte dabei insbesondere eine Kostenobergrenze, die in der Vereinbarung nicht festgelegt ist, die Kündbarkeit der Vereinbarung sowie die zeitliche Befristung.
Fraktion fühlt sich übergangen
Hinzu kommt, dass sich die Fraktion übergangen fühlte. Die Mitglieder bemängelten, dass sie in keinerlei Weise in den Abschluss der Vereinbarung integriert gewesen seien. Die Umweltgruppe war deshalb der Auffassung, dass der Abschluss der Vereinbarung nicht von der damaligen Beschlusslage im Gemeinderat Markdorf gedeckt gewesen sei.
Mit der juristischen Überprüfung beauftragte die Fraktion den Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Bernd Söhnlein, aus der Oberpfalz. Sein rechtliches Gutachten trug Susanne Deiters-Wälischmiller (Umweltgruppe) gestern Abend vor. Der Jurist kommt zu dem Befund, dass der Vertrag zwischen der Stadt und dem Kreis grundsätzlich rechtswirksam ist.
Der Vertrag regle, so heißt es im Rechtsgutachten, die Kostenverteilung und nicht den Bau der Straße. Das Gutachten kommt trotzdem zu dem Ergebnis, dass der damalige Bürgermeister „seine Kompetenzen überschritten habe“ , da der Bürgermeister seine Entscheidung nicht noch einmal von dem Gemeinderat hat absichern lassen. „Nach unserer Meinung kommen wir an diesen Fragen nicht vorbei“, sagte Deiters-Wälischmiller.
Mit dieser Meinung stand die Fraktion allerdings alleine da. Dietmar Bitzenhofer (Freie Wähler) betonte, wie wichtig die Südumfahrung für Markdorf sei. „Wir brauchen die Straße, je früher, desto besser“, sagte er. „Wir sehen keinen Grund dazu, den Vertrag einer rechtlichen Überprüfung zu unterziehen.“
Ähnliche Töne gab es von Susanne Sträßle (CDU), die versicherte, dass sie den Antrag in jedem Fall ablehnen werden. Uwe Achilles (SPD) zeigte etwas mehr Verständnis für die Bemühungen der Umweltgruppe. „In der Quintessenz hat der Vertrag nach außen hin Bestand“, sagte er. „Er ist aber nicht durch die Beschlüsse des Gemeinderats gedeckt.“
Auch Bürgermeister Georg Riedmann hielt sich eher bedeckt. „Ich habe in der letzten Sitzung genug zu dem Thema gesagt“, sagte er, betonte außerdem: „Wer den Gedanken hegt, eine gewünschte Straße zu verhindern, dem sei gesagt, dass der Kreistag niemals soviel Geld ausgeben würde, wenn er nicht sicher wäre, dass die Straße bei uns in der Stadt gewünscht wäre.“
Kommentare:
05.04.2017, 09:46 Uhr
Gemeinderat
entmündigt sich selbst und die Bürger
Gerade die Fraktionen im Gemeinderat, die jetzt erneut lautstark einen 14 Jahre
alten Bürgerentscheid beschwören, haben mit ihrer Entschei¬dung nicht nur sich
selbst entmündigt, sondern auch die Markdorfer Bürger: Diesen wird die
Möglichkeit genommen, angesichts der drastisch veränderten Rahmen¬bedingungen
vor Baubeginn nochmals über die Ortsumfah-rung zu entscheiden. Denn ein
entsprechendes Bürgerbegehren dürfte wohl als unzulässig abgewiesen werden,
weil es einen unzulässigen Eingriff in den bestehenden Vertrag bedeuten würde.
Dabei ist das relativ knappe Bürgervotum von 2003 schon aus demografischen
Gründen längst nicht mehr aussagefähig: 15-20% der damals Wahlberechtigten
dürften inzwischen verstorben sein, ein sicherlich noch höherer Anteil hat sich
aufgrund von Zu- und Wegzügen verändert.
Ein weiterer gravierender Schwachpunkt des Bürgerentscheids wäre aber auch mit
einem neuen Entscheid kaum zu korrigieren: Der von der Umfahrung am meisten
betroffene Nachbarort Kluftern durfte gar nicht mitentscheiden.
05.04.2017, 09:43 Uhr
Anspruch
auf Kostendeckelung aufgegeben
Eine wesentliche Passage des neuen Rechsgutachtens wurde bislang noch nicht
zitiert. Demnach hätte der Gemeinderat einen Anspruch gehabt, gegenüber dem
Kreistag eine Deckelung der Kostenbeteiligung einzufordern:
„Es ist davon auszugehen, dass zumindest die Höhe des Zuschusses durch das Land
Baden-Württemberg aufgrund der damals geltenden Zuschussrichtlinien eine
maßgebliche Geschäftsgrundlage für den Beschluss darstellte. Hätte der
Gemeinderat damals gewusst oder wissen können, dass sich der staatliche
Zuschuss erheblich verringert, hätte er seine Zustimmung in dieser Form
möglicherweise nicht gegeben.
(…)
Deshalb hat die Stadt Markdorf nach § 60 Abs. 1 S. 1 VwVfG einen Anspruch gegen
den Landkreis Bodenseekreis als Vertragspartner auf Anpassung und notfalls auf
Kündigung der Vereinbarung vom 15.7.2013.
Der Gemeinderat der Stadt Markdorf könnte folgendermaßen vorgehen:
Er könnte den Beschluss fassen, den Bürgermeister zu beauftragen, mit dem
Landkreis Bodenseekreis auf der Grundlage des § 60 Abs. 1 S.1 VwVfG über eine
finanzielle Deckelung für die Beteiligung der Gemeinde Markdorf zu verhandeln,
und für den Fall, dass der Landkreis dies ablehnt, den Vertrag vom 15.7.2013 zu
kündigen.“
Indem der Bürgermeister und die Fraktionen von CDU, FW und SPD diesen
millionen-schweren Anspruch aufgeben, verzichten sie auch freiwillig auf die
Chance, im Stadtrat nochmals verbindlich über die Ortsumfahrung abzustimmen --
bei dramatisch gestiegenen Kosten für die Stadt und deutlich vermindertem
Nutzen.
Die veröffentlichte Erklärung von Landrat Wölfle: „Selbstverständlich wurden
und werden alle Schritte bis zur Fertigstellung der Straße mit der Stadt
Markdorf besprochen.“ ist recht vage. Es ist jedenfalls keine verbindliche
Aussage, dass der Kreis nur mit dem Einverständnis der Stadt die Umfahrung
bauen würde.