Die Umweltgruppe ist im Gemeinderat abgeblitzt

 

 

Der Antrag der Umweltgruppe im Gemeinderat Markdorf, den Vertrag zwischen der Stadt und dem Bodenseekreis zur Kostenverteilung bei der Südumfahrung rechtlich überprüfen zu lassen, ist am Dienstagabend gescheitert. Die große Mehrheit aus den drei anderen Fraktionen lehnt dies ab. Ein Gutachter bescheinigte dem Vertrag die Wirksamkeit nach außen, sah allerdings Kompetenzüberschreitungen beim ehemaligen Bürgermeister Bernd Gerber, der den Vertrag ohne Zustimmung des Rats geschlossen habe.

Der Gemeinderat befasste sich am Dienstagabend mit dem Antrag der Fraktion der Umweltgruppe (UWG) zur rechtlichen Prüfung der Vereinbarung zwischen der Stadt Markdorf und dem Bodenseekreis zum Bau und der Finanzierung der Südumfahrung Markdorf, noch unterschrieben von Bernd Gerber im Sommer 2013. Fraktionsvorsitzende Susanne Deiters Wälischmiller brachte dazu sogar ein Rechtsgutachten eines von der UWG beauftragten Fachanwalts für Verwaltungsrecht in die Sitzung mit. Doch dies beeindruckte die anderen Fraktionen nicht. Bei der Abstimmung über den Antrag erhielt er nur die sechs Stimmen der anwesenden UWG-Fraktionsmitglieder, der Rest der Gemeinderatsmitglieder lehnte ihn ab.

Die UWG-Fraktion und Susanne Deiters Wälischmiller begründeten ihren Antrag damit, der Vertrag nie Gegenstand einer Gemeinderatssitzung gewesen. "Mit Bürgernähe hat das nichts zu tun", sagte Susanne Deiters Wälischmiller in der Sitzung. Nach Ansicht der UWG sei der Vertrag auch nicht von der damaligen Beschlusslage im Gemeinderat gedeckt. Vor Abschluss des Vertrages habe sich der Gemeinderat zuletzt am 7. Mai 2008 bei der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens mit dem Thema Kosten befasst. Damals habe der Gemeinderat "den Planfeststellungsunterlagen für den Neubau der Ortsumfahrung Markdorf im Zuge der K 7743 und den damit verbundenen Kosten für die Stadt Markdorf zugestimmt" wird im Antrag der UWG zitiert. Dieser Kostenanteil habe damals allerdings 2,7 Millionen Euro und nicht 6,5 Millionen Euro betragen. In dem Vertrag vom Sommer 2013 sei keine Kostenobergrenze genannt, keine ordentliche Kündbarkeit und keine zeitliche Befristung.

Sie vertrat die Ansicht, der Gemeinderat solle sich über den aktuellen Sachstand informieren. "Können wir uns das heute noch leisten?", sei eine der sich ergebenden Fragen. Das Gutachten von Rechtsanwalt Bernd Söhnlein aus Neumark in der Oberpflalz bestätigt die angeführten Mängel, kommt aber auch zu dem Schluss, dass der Vertrag rechtlich in der Außenwirkung wirksam ist. Zum Innenverhältnis führt der Rechtsanwalt aus, dass Bernd Gerber "seine Kompetenzen überschritten haben dürfte, indem er in Kenntnis erheblicher Kostensteigerungen... nicht die Eckpunkte der vertraglichen Vereinbarung durch einen weiteren Gemeinderatsbeschluss hat absichern lassen."

"Wir waren von Anfang an von der Wirksamkeit des Vertrages überzeugt", wischte Susanne Sträßle, CDU-Fraktionsvorsitzende die Argumentation weg. "Wir brauchen die Straße, da hat sich nicht geändert", sagte Dietmar Bietzenhofer, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler: "Wir Freie Wähler sehen keinen Grund, den Vertrag einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen." Er erinnerte daran, dass hier schon mehrere Millionen Euro für den Kauf von Flächen und die die Planung ausgegeben wurden. "Dies ist ein weiterer Versuch, eine Straße, die man nie wollte, zu verhindern".

Die Gegner der Planung sollten endlich die Entscheidung der demokratischen Mehrheit akzeptieren, meinte Bitzenhofer in Anspielung auf den Bürgerentscheid und den jüngsten Versuch mit einem offenen Brief der UWG gemeinsam mit Pro Kluftern, der Interessengemeinschaft Verkehrsplanung Ittendorf und der Bürgerinitiative Bermatingen-Ahausen für ein umweltverträgliches Verkehrskonzept einen neuen Entscheid wieder ins Spiel zu bringen. Uwe Achilles, SPD-Fraktionschef, stimmte zwar der Einschätzung einer Kompetenzverletzung durch Gerber zu, der Vertrag sei aber gültig. Bürgermeister Georg Riedmann wies darauf hin, dass der Kreistag nie so viel Geld ausgeben würde, wenn er nicht überzeugt ist, das Markdorf die Straße will.


Entscheidungen und Kosten

Der Kreistag beschloss am 3. April 2001 die Kostenteilung zwischen Markdorf und dem Bodenseekreis. In einem Bürgerentscheid stimmten am 6. April 2003 in Markdorf 55 Prozent für die Südumfahrung. Der Vertrag über die Kostenteilung wurde am 15. Juli/19. August vom damaligen Bürgermeister Bernd Gerber und Landrat Lothar Wölfle unterschrieben, nach Ansicht beider als Vollzug von Beschlüssen des Kreistags, des Gemeinderats und in Folge des Bürgerentscheids.

Die Kosten (inklusive Planung) für die Südumfahrung sind derweil von 18,1 Millionen Euro (November 2011) auf 24,6 Millionen Euro (Oktober 2016) gestiegen. Ursachen sind unter anderem eine Baukostenerhöhung von 1,1 Millionen Euro, 1,7 Millionen Euro mehr für Baugrund-Arbeiten und 1,1 Millionen Euro für zusätzliche Maßnahmen nach der Planfeststellung. Parallel dazu sank nach Änderung der Landesförderung Ende 2013 der Fördersatz. Die förderfähigen Kosten werden jetzt mit 50 Prozent, statt mit 68 Prozent gefördert. Im November 2011 ging man von 13,4 Millionen Euro förderfähigen Kosten und einer Förderung von 9,1 Millionen Euro aus, im Oktober 2016 von 17,6 Millionen Euro förderfähiger Kosten und einer Förderung von 8,8 Millionen Euro (beides ohne Planungskosten). Die Eigenanteile von Kreis und Stadt steigen dadurch von je 3,5 Millionen Euro (November 2011) auf je 6,5 Millionen Euro. (gup/wex)